10 Tristan und das Love Boat
- Geschrieben von Jens Müller
Festtagstipp: Ideal zum trûte hân (siehe hinter das gestrige Kalendertürchen) passt natürlich Minnetrank. Den genießen auch Tristan und Isolde, als sie auf einem Schiff nach Cornwall fahren, wo Isolde eigentlich einen anderen heiraten soll...
Aber der Reihe nach: Tristan, seines Zeichens Alleskönner und Meister der Tarnung (auf einen Decknamen wie „Tantris“ muss man erstmal kommen!) reist nach Irland, um dort für seinen Onkel, König Marke, die Hand der schönen Prinzessin Isolde zu gewinnen. Die muss am Ende mit ihm reisen, obwohl sie Tristan - der einst ihren eigenen Onkel im Kampf erschlug - zutiefst verabscheut und der Vermählung mit Marke auch nicht gerade mit Begeisterung entgegensieht.
Um Isolde ihr Schicksal zu erleichtern, packt die zauberkundige Mutter ihr heimlich etwas Minnetrank in den Seesack. Den soll eine Dienerin der unwissenden Isolde und ihrem zukünftigen Göttergatten Marke zu trinken geben, auf dass es zwischen den Ehepartnern doch noch gewaltig funke. Doch dummerweise sitzen Tristan und Isolde während der Seefahrt eines Tages auf dem Trockenen und finden ein Fläschchen, das scheinbar harmlosen Wein enthält. Und dann... tja, dann...
Wem das nun alles zu sehr nach „Titanic“ oder „guote zîten, übele zîten“ klingt, dem sei der Wettstreit empfohlen, den die Tavelrunde den Dichter des „Tristan“, Gottfried von Straßburg, mit Konrad von Würzburg austragen ließ, der dem gleichen Thema in seinem „Herzmäre“ ein gänzliches anderes Gewand verlieh.
Hier geht‘s zu den Fotos vom Theaterstück: https://tavelrun.de/tavelrunde/projekt-das-herzmaere
(Das Bild wurde generiert unter: https://www.sp-studio.de/)
9 Kriemhildes Truthahn - Misheard Lyrics auf Mittelhochdeutsch
- Geschrieben von Jens Müller
Die mittelalterliche Literatur ist nicht nur faszinierend, sie kann manchmal auch ganz schön fremdartig oder gar irreführend sein. Frei nach dem Motto von ‚Misheard Lyrics‘ möchten wir euch heute eine dieser durchaus tückischen Textstellen präsentieren:
Swaz man der werbenden nâch ir minne sach,
Kriemhilt in ir sinne ir selber nie verjach,
daz si deheinen wolde ze eime trûte hân.
er was ir noch vil vremde, dem si wart sider undertân.
- NL Str. 44
In dieser Passage des Nibelungenlieds wird die Abneigung der schönen Kriemhild gegenüber den sie Umwerbenden ausgedrückt, da sie sich selbst nicht eingestehen möchte, dass sie irgendeinen von ihnen als Geliebten haben möchte, oder um es auf mhd. zu sagen, dass sie irgendeinen ze eime trûte hân wollte. So leicht man trûte hân auch als Truthahn lesen könnte und sich fragt, was die Prinzessin mit dem Vogel vorhat, handelt es sich bei hân letztlich doch nur um das Hilfsverb ‚haben‘ und bei trûte um den Geliebten bzw. ein wenig besser nachvollziehbar den Ver- oder Angetrauten.
Wer solch einen Fauxpas vermeiden möchte oder durch die Ausstellung seiner Mittelhochdeutschkompetenzen selbst einen potentiellen trûte beindrucken will sollte sich merken, dass wir es hier mit dem Phänomen der sog. Frühneuhochdeutschen Diphtongierung zu tun haben. Einem Lautwandelprozess, in dem die mhd. Langvokale î, iu und û zu den Diphtongen ei, eu und au werden. Sprich aus mîn niuwes hûs wird ‚mein neues Haus‘. Die Buchstabenkombination iu wird dabei im Mhd. wie ein langes ‚ü‘ ausgesprochen.
Bildquelle: Hundeshagener Kodex, 15. Jhd.
8 Die Instinkte des Herrn Vogelweide
- Geschrieben von Jens Müller
Ob Walther derlei im Sinn hatte, als er einst die ersten Verse seines „Reichstons“ schrieb...?
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