Advent, Advent, Her Odnit pennt…
- Geschrieben von Jens Müller
Adventszeit, Weihnachtszeit, woran denkt ihr da? Kekse, Weihnachtsmärkte, Geschenke, Kerzen, Lichter, Tee, der erste Schnee, Süßigkeiten, Drachen, schlafende Ritter und... warte... ihr nicht? Wir schon! Weil wir eben immer ans Mittelalter denken. Aber natürlich auch an euch. Deshalb haben wir einen Tavelrunden-Adventskalender gebastelt, der euch jeden Tag mit einer neuen Überraschung durch die Vorweihnachtszeit bringt. Freut euch auf kreativen Blödsinn, kulinarische Highlights, mittelalterliche Memes und den ein oder anderen Vorgeschmack auf neue oder auch bereits verloren geglaubte Projekte. Bei so einem spannenden Programm kann wirklich niemand Weihnachten verpennen!*
Viel Spaß mit unserem Adventskalender auf der Homepage, Facebook und Instagram wünscht: Die Tavelrunde.
*Zumindest niemand außer Odnit. Dieser tapfere Recke hat es nach vollbrachter Aventiure doch tatsächlich geschafft, in einen so tiefen und festen Schlaf zu fallen, dass er nicht einmal dann erwacht, als sein lîp von drei Drachen aus den Löchern und Ritzen seiner unzerstörbaren Rüstung herausgelutscht wird... Auf diese Weise könnte sich nicht einmal Erec verligen.
Smackelich, Episode 4: linsenmuos
- Geschrieben von Nina Röttger
Ihr glaubt, mittelalterlich zu kochen sei ein Spaziergang? Heiter und unbeschwert, mit Seidenkissen unterm zarten Maiengrün?
Wir möchten Euch natürlich davon überzeugen, dass spîse und tranc von anno dazumal auch heute noch ein schmackhaftes Mahl abgeben. Doch bei manchen Rezepten stoßen selbst wir an unsere Grenzen. Vor allem, wenn ein Gericht - wie das im heutigen Video - optisch eher an harnaschrâm (Rüstungsschmier) erinnert.
Konsultiert man mittelalterliche Rezeptsammlungen, wird deutlich, dass mitunter Zutaten ihren Weg in den Kochtopf fanden, deren Verzehr wir heute als ungewöhnlich oder vielleicht sogar als unangenehm empfinden würden. Beispielsweise gehackte Kalbslunge, die, mit Minze gewürzt, gebacken wurde. Oder der Kopf eines Bären: Um diesen für die Tafeln der Adligen zuzubereiten, sollte man ihn auf einem Rost gut durchbraten und gar wol mit gewurtz bestreuen.
Ein besondere Gaumenfreude gab es den Quellen zufolge für das weibliche Geschlecht: Wollte man ain frowen essen machen, bereitete man eine kräftige Brühe mit Ingwer und Safran zu - und schnitt gerösteten Kuheuter hinein.
In Heinrich Wittenwilers “Ring”, einer literarischen Kuriosität des Spätmittelalters, wirken weniger die Speisen als vielmehr die Speisenden ziemlich unästhetisch. Auf der Hochzeit von Bertschi Triefnas und Mätzli Rührenschwanz stürzen sich Fresser und Säufer auf das bereitgestellte Mahl wie die Säue auf den Trog; sie verspeisen ganze Käselaibe sampt den rinden, schöpfen das fette chraut mit bloßen Händen aus den Schüsseln und husten, was ihnen im Halse steckenbleibt, aufs Tischtuch. Damit parodiert die schwankähnliche Episode das gute Benehmen, das von mittelalterlichen Tischzuchten empfohlen wird.
Apropos gutes Benehmen: Ist Euch eigentlich die Märe vom ritter mit der halben birn bekannt, in der Ritter Arnold seiner Tischdame gegenüber einen unverzeihlichen Fehler begeht und dafür Hohn und Spott erntet? Nein? Na, dann aber schnell an die Bücher!
Smackelich, Episode 3: süeze krapfen
- Geschrieben von Nina Röttger
Im Mittelalter küsste man gerne süeze vrouwen, schmachtete beim sange süeze und hovebære, wenn die Angebetete die Gunst verweigerte - und naschte gern von süezen spîsen. Natürlich keine unserer modernen Liebeskummer-Klassiker im engeren Sinne. Schokolade beispielsweise war in europäischen Gefilden zu dieser Zeit noch nicht bekannt. Eis dagegen - echtes Gletschereis, beträufelt mit Honig und garniert mit frischen Früchten - liebten schon Kaiser Nero in der Antike und später auch die Medicis.
Rezepte für süßes Backwerk wie die Krapfen, die in unserem Video brutzeln, finden sich in verschiedenen überlieferten Rezeptsammlungen. Die “Münchener Kochbuchhandschriften” etwa verzeichnen sowohl krapffen mit beren fül als auch Rezepte für Fettgebackenes, das zur Fastenzeit auf den Tisch kam.
Fettgebackenes zur Fastenzeit? Ein ziemlicher Widerspruch, werden viele Leser und Leserinnen ausrufen (während die Diätierenden vermutlich gerade der Zuckerschock trifft). Doch die christlichen Speisegebote betrafen vor allem den Genuss von Fleisch. Um sich den Verzicht zu versüßen und die Gäste an der Tafel zu schockieren, schufen die Köche sogenannte Scheingerichte: Fleischpasteten oder Würste, die sich bei näherer Betrachtung als Früchtekuchen oder mit Nüssen und Datteln gefüllte Krapfen entpuppten.
Die Vorliebe der Menschen für Naschwerk spiegelt sich auch in der mittelalterlichen Literatur wider. In Wolframs “Parzival” müssen die Bewohner der belagerten Stadt Pelrapeire hungern; es gibt weder kæse, vleisch noch prôt, geschweige denn, dass kraphen in der Pfanne zischen. Und in einigen Fassungen des “Nibelungenliedes” (Handschrift C) verspricht Küchenmeister Rumolt Hagen, Gunther und den anderen Burgunden leckere sniten in öl gebrouwen, wenn sie die gefährliche Reise ins Land der Hunnen nicht antreten und stattdessen zu Hause bleiben. Hätten sie mal auf ihn gehört...
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