19 Zagelkatze!
- Geschrieben von Jens Müller
Zu dem heutigen Bild muss man eigentlich nicht viel sagen, um es in einem Anflug pubertären Humors mit dem Zertifikat ‚höchst amüsant‘ zu versehen, aber wir wären nicht die Ritter der Schwafelrunde, wenn wir für mehr als fünf Minuten die Klappe halten könnten. Und so kommen wir nicht darum herum, bei diesem Bild einer sog. zagelkatze (nhd. Peniskatze) direkt an einen unserer Lieblingstexte zu denken, und zwar an das Nonnenturnier.
In dieser kurzen Geschichte wird ein Mann dazu verleitet, seinen eigenen Penis abzuschneiden, der fortan ein eigenes Leben führt, das zunächst alles andere als vergnüglich unter der Treppe eines Klostereingangs stattfindet. Dort lebt er bei Regen und Schnee in den Schweinesulen, bis sich schließlich ein paar liebestolle Nonnen seiner annehmen und es zum im Titel versprochenen Turnier um den Penis kommt.
Vielleicht handelt es sich bei unserem Bild ja um eine Art alternatives Ende, bei dem der Penis durch die zagelkatze gerettet wird und die beiden beste Freunde werden, denn wenn uns die Illustration eines deutlich zeigt, dann dass die Katze ihren neuen Freund selbst für den besten Fisch nicht mehr hergeben will. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Happy End!
18 Living in a röubers Paradise - Beleidigen und Fluchen auf Mittelhochdeutsch
- Geschrieben von Jens Müller
So ideal die Welt des höfischen Adels in der Literatur des Mittelalters oft erscheinen mag: Gefahren und gemeine Typen lauern hinter jedem Vers. Denn wenn ein Ritter sich beweisen will, muss er ausreiten und âventiure suchen, d.h. den heimischen Prunksaal verlassen und sich - kleine Auswahl - mit höhnischen Gegnern, pöbelnden Riesen, spottenden Pferdedieben und cholerischen Brauträubern herumschlagen.
Und selbst bei Hofe können Rosenblüten, mit denen man die Böden ausstreut, das rauhe Pflaster nicht verbergen: Realhistorisch war „[p]olitischer Mord [...] damals an der Tagesordnung“ (Bumke, Höfische Kultur, S. 11), weshalb es auch in der Literatur ab und an zur Bluttat kommt. Und zu gegenseitigen Beleidigungen erst recht.
Hier ein paar schön-schimpfliche Beispiele aus dem „Nibelungenlied“ und der Crescentia-Episode der „Kaiserchronik“:
ir vil boesen zagen! (NL, V. 989,1)
(Übersetzung: „Ihr gemeinen Feiglinge!)
vil unrainez wîp! (KC, V. 12162)
(Übersetzung: „Äußerst unreines Weib!“
Modernes Äquivalent: „Schlampe!“)
ubeliu hornplâse! (KC, V. 12185)
(Übersetzung: „Üble Hornbläserin [d.h. Hexe]!“)
der gotelaide (KC, V. 12229)
(Übersetzung: „Der, der Gott widerwärtig ist“)
(Bild: Drolerie aus dem Maastricht Book of Hours (BL Stowe MS17). Quelle: Wikimedia, https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Drolleries)
17 Pferde?
- Geschrieben von Jens Müller
Auch heute geht es tierisch mittelalterlich weiter, wenn wir anhand der folgenden Illustration die Frage beantworten wollen: „Hey Du, Zeichner! Kannst Du auch Pferde malen?“
Hier sagt das Bild auf den ersten Blick mehr als tausend Worte, aber bei vielen Illustrationen aus mittelalterlichen Handschriften steht auch gar nicht die anatomisch und perspektivisch korrekte bzw. realistische Darstellung im Vordergrund, sondern die sogenannte Bedeutungsperspektive. Genauer gesagt: Es wird dargestellt, was wichtig ist und anhand verschiedener Symbole oder Attribute auf zentrale Eigenschaften verwiesen - in diesem Fall z.B. auch darauf, dass es sich bei dem Schlachtross um einen Hengst handelt (Hengste sind aufgrund ihres ruhigeren Charakters bevorzugt als Schlachtrösser eingesetzt worden).
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