7 Witze bei Wolfram
- Geschrieben von Jens Müller
Wolfram von Eschenbach war - nach modernen Maßstäben und etwas plakativ ausgedrückt - so etwas wie der Bestseller-Autor des 13. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. Seine literarischen Ausformungen der Erzählungen von Parzival und Willehalm (beide beruhen auf altfranzösischen Vorlagen) machten diese zwei Helden hierzulande weit bekannt. Wolfram nahm sich die Erzählstoffe vor und verwandelte sie in seine ganz eigenen Meisterwerke, die Mediävisten und Mediävistinnen bis heute entzücken.
Darüber hinaus hatte Wolfram aber auch einen ganz eigenen Sinn für Humor. Haarsträubende Wortwitze, flacher als eine geschleifte Burg? Düstere Körperkomik, über die man kaum mehr lachen kann? Kein Problem! Hier ein paar Beispiele:
Im „Parzival“ wird eine Edeldame namens Jeschute zu Unrecht von ihrem Gatten Orilus bestraft, weil sie angeblich mit einem anderen Mann geschlafen hat. Orilus zwingt sie, in der Öffentlichkeit in einem zerfetzten Hauch von Nichts herumzulaufen, was den Erzähler zu folgendem Wortspiel veranlasst:
nantes ieman vilân,
der het ir unreht getân:
wan si hete wênc an ir. (Parzival, Vv. 257,23ff.)
(„Wollte sie jemand vîlan [vîlan = „Bäuerin“, Gegenteil von Edeldame; aber auch: „jemand, der viel an hat“!] nennen, so hätte er ihr Unrecht getan: Denn sie hatte ja nur wenig an.“)
Außerdem versteht Parzival den Unterschied zwischen „Ritter“ (als Status eines Adligen) und „Reiter“ (auf einem Pferd) nicht, als er von seinem Lehrmeister Gurnemanz dazu angehalten wird, von seinem Pferd zu steigen:
dô sprach an dem was tumpheit schîn
„mich hiez ein künec [gemeint: Artus] ritter sîn:
swaz halt drûffe mir geschiht,
ine kum von disem orse niht.“ (Parzival, Vv. 163,21-24)
(„Da sprach der, an dem man tumpheit wahrnehmen konnte: ,Mich ließ ein König Ritter sein: Was auch immer mir darauf [auf meinem Pferd] geschehen soll, ich werde niemals absteigen!‘“)
Im „Willehalm“ dagegen führt Wolfram die Unmenge an Edelsteinen, mit denen sich König Poydjus und seine Truppen für den Kampf herausgeputzt haben, mithilfe des morbiden Bilds von einer explodierenden Ente ad absurdum:
nu seht, ob vunde ein antvogel
ze trinken in dem Bodemse,
trünkern gar, daz taet im we. (Willehalm, Vv. 377,4ff.)
(„Nun schaut, wenn ein Enterich im Bodensee etwas zu trinken fünde, wenn er ihn ganz und gar austrünke - das täte ihm nicht gut!“)
Bildquelle: Codex Manesse, UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, fol. 149v: Herr Wolfram von Eschenbach
6 Gottfrieds Prolog
- Geschrieben von Jens Müller
Nû sint diu edelen nasen rôt.
vil trunken sô naschen wir süezes brôt.
wir trinken im tranchûs, nû smaehen daz brôt
uns smacket der süeze tranc sô rôt.
Nû wermet den tranc durchliuhtec rôt.
sus glüen diu nasen, wir ezzen kein brôt.
sus trinken wir noch ân vleisch, ân brôt
und loben wîn und sinopel rôt.
(Original aus dem „Tristan“ Gottfrieds von Straßburg, Vv. 233-240:
Deist aller edelen herzen brôt.
hie mite sô lebet ir beider tôt.
wir lesen ir leben, wir lesen ir tôt
und ist uns daz süeze alse brôt.
Ir leben, ir tôt sint unser brôt.
sus lebet ir leben, sus lebet ir tôt.
sus lebent si noch und sint doch tôt
und ist ir tôt der lebenden brôt.)
Da ein Prolog ja quasi das Vorglühen vor der eigentlichen Erzählung ist, lässt die Tavelrunde Gottfried den Becher heben und wünscht einen frohen zweiten Advent!
5 - Die Herkunft der Tavelrunde
- Geschrieben von Jens Müller
Es sind bereits fünf Adventstage ins Land gezogen und vermutlich hat sich noch niemand das Folgende gefragt: Wenn es einen Tavelrunden-Adventskalender gibt, muss es folglich auch eine Tavelrunde geben. Aber wo kommt die Tavelrunde eigentlich her? Sollte sie nicht schon immer existiert haben, muss sie wohl irgendwann gebaut worden sein. Aber von wem? Hier kommt nun endlich die Auflösung dieses Mysteriums!
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